Frau Schunicht - Schulleiterin von 1980-2006


Wie alles begann

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Wie alles begann

1. Predigen

Bevor der Schulbetrieb am 4. 8. 1980 in dem behindertengerecht umgebauten Räumen des nördlichen Gebäudeteils der ehemaligen Agatha-Schule in Mettingen startete, bat mich die kath. Kirchengemeinde in Mettingen, an einem Sonntag in den Hl. Messen sowie in der Vorabendmesse im Rahmen der Predigten die künftige Schule für Körperbehinderte vorzustellen. Wenngleich ich für mich damit Neuland betrat, kam ich dieser Bitte gerne nach, zeigte sie doch, dass in Mettingen ein großes Interesse an dieser neuen Schule vorlag. Ich konnte neben den Ursachen und den vielfältigen Erscheinungsformen einer körperlichen Beeinträchtigung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die soziale und emotionale Entwicklung eines jungen Menschen auch die Wünsche und Hoffnungen formulieren, die wir bzgl. der Integration in die Gemeinschaft der Mettinger Bevölkerung haben.

Der Standort unserer Schule im Zentrum der Gemeinde Mettingen und die wohlwollende Aufnahme durch die Menschen ermöglichen unseren Schülerinnen und Schülern bis heute vielfältige Kontakte, die für diese Zielsetzung wertvoll sind.

 

2. Aller Anfang ist schwer - im wahrsten Sinne des Wortes.

Am 1. Schultag wurden 7 Schülerinnen und Schüler der Schule für Körperbehinderte Münster in unsere Schule umgeschult, da sie nun im neuen Einzugsbereich der Mettinger Schule wohnten und ihnen aufgrund der Schwere ihrer Behinderung die lange Fahrt nach Münster nicht mehr zugemutet werden sollte.

Großes Problem: Der einzige Aufzug funktionierte auf einmal nicht. Die Folge war, dass alle Schülerinnen und Schüler die Treppe benutzen mussten - eine schweißtreibende Angelegenheit, besonders bei den älteren und somit auch schwereren Rollifahrern, die mit dem Rollstuhl getragen werden mussten. Alle 5 Lehrerinnen, die Krankengymnastin Irmgard Parascandola sowie die Schulsekretärin Maria Holtermann und der Hausmeister Erwin Etgeton packten mit an. Das Motto - "Gemeinsam sind wir stark" - bewahrheitete sich an diesem Tag in besonderer Weise.

 

3. Die Schulneulinge kommen

- Und jedem Anfang wohnt ein Zauberer inne

Als die Schulneulinge am nächsten Tag eingeschult wurden, funktionierte der Aufzug wieder und wir konnten ihnen und ihren Eltern einen schönen Schultag bereiten - natürlich mit dem Kasperle-Spiel "Kasper kommt in die Schule", das während meiner gesamten Schulzeit für die Schulneulinge aufgeführt wurde: Auf dem Weg zur Schule trödelt Kasper herum und läuft, entgegen Großmutters Verbot, doch den kürzeren Weg durch den Zauberwald, in dem der böse Zauberer wohnt, der Kasper beim Zusammentreffen in ein Krokodil verwandelt. Großmutter - von der Schule informiert, dass Kasper noch nicht da ist - läuft voll böser Ahnungen in den Zauberwald, wo sie ein verzweifeltes Kasper-Krokodil findet. Sie rufen unter Mithilfe aller Kinder nach dem Zauberer, der auf Großmutter einschmeichelnder Bitten Kasper wieder zurück verwandelt. Da Großmutter seine Zauberkünste sehr lobt, lässt sich der Zauberer überreden, und zaubert für jeden Schulneuling ein Papierherzchen mit dem jeweiligen Namen des Kindes zum Umhängen (Was nicht nur die Kinder erfreute, sondern auch für die Mitarbeiter sehr hilfreich war.)

Da einige Schulanfänger Schultüten mitbrachten (z.T. sehr große, die die Kinder kaum tragen konnten, kleinere oder gar keine Tüten) wurden die Eltern der nachfolgenden Jahrgänge gebeten, Schultüten zu Hause zu verschenken. Stattdessen zauberte der Zauberer für jedes Kind eine Schultüte mit kleinen Süßigkeiten und Wachsmalstiften.

Bis zu ihrer Entlassung 10/99 spielte Sybille Flockenhaus die Großmutter und fand in Gunhild Diekmann eine ebenbürtige Nachfolgerin.

- Elmar, der rosarote Elefant

Im anschließenden Unterricht las ich den Kindern die Geschichte von Elmar, dem rosaroten Elefanten vor. Elmar war sehr traurig, weil er anders aussah als die anderen Elefanten. Er wurde deshalb von den anderen Tieren oft gehänselt.

Bis die anderen Elefanten auf die Idee kamen, einmal im Jahr einen Elmar-Tag zu veranstalten. Sie spritzten sich mit ihren langen Rüsseln mit bunter Farbe an und feierten ein großes Fest. Von da an hatte Elmar ganz viele Freunde. Anschließend konnte jedes Kind mit Wachsmalstiften eine Elmarschablone ausmalen, so dass eine bunte Elefantenherde das Klassenzimmer schmückte.

 

4. Gemeinsames Frühstück

Da wir anfangs nur wenige Schülerinnen und Schüler waren, schlug Sybille Flockenhaus vor, doch jede Woche mit einer gemeinsamen Frühstückspause zu beginnen. So traf sich also die kleine Schulgemeinde an den Montagen unten im Flur des Untergeschosses (vor der Küche, dem Lehrerzimmer und der Verwaltung), wo Sybille mit ihrer Klasse schon Tische zusammengestellt hatte, die mit einer rotgrundigen Wachsdecke versehen waren. Als die Schülerzahl sich im Laufe der Zeit vergrößerte, wurde nur noch bei besonderen Anlässen zusammen gefrühstückt: Adventszeit, Nikolausfeier, Weihnachtsfeier, Karneval...

 

5. Schneewittchen

Der kleine Vorraum im Untergeschoss vor dem Hausmeisterzimmer wurde anfangs auch genutzt für Schüleraufführungen. Die erste wurde initiiert von Gunhild Diekmann: Schneewittchen und die 7 Zwerge. Diese Aufführung ist mir in Erinnerung geblieben, weil alles so gut geklappt hat, und auch, weil der Schüler Dirk Kortehaneberg über sein Outfit als Schneewittchen mit weißem Umhang und schwarzgelockter Perücke in lautes Begeisterungsjauchzen ausbrach. Am 18. 12. 1980 führte die Klasse das Stück bei Bögel-Windmeier für die Eltern und andere Gäste auf.

Diese Aufführung war der Startschuss für viele weitere Theaterstücke in den Jahren darauf, viele initiiert durch Maria Lohle und -verbunden mit Musicals- durch Maria Skopnik, allesamt mit großem Erfolg.

 

Alle Ereignisse in diesem 1. Jahr gelangen durch die Tatkraft, Einsatzbereitschaft, Kreativität und den Zusammenhalt aller Mitarbeiter. Diese Eigenschaften kennzeichneten die ganzen Jahre meines Schullebens in Mettingen.